Die Schweizer Garde ist eine harte Schule: Die Leibwache des Papstes besteht aus jungen katholischen Schweizer Männern und nun einem Baselbieter mehr. Mauritz-Aljoscha von Sury verbindet dabei mehr mit der Garde als nur Sehnsucht nach päpstlichem Dienst.
Für Mauritz-Aljoscha von Sury begann letze Woche ein grosses Abenteuer. Endlich weg von zu Hause, eine neue Stadt, neue Leute. Während andere nach dem Militär nach Australien oder Thailand auf Selbstfindungsreise gehen, wollte der junge Baselbieter schon seit Kindertagen in den Vatikan.
Bilder und Geschichten von seinem Urgrossvater haben diesen Wunsch im 21-Jährigen geweckt. Georg von Sury d’Aspremont war auch als Gardist in Rom, zwischen 1935 und 1942 sogar Kommandant. Über ihn gibt es einen Eintrag im Historischen Lexikon der Schweiz. Dort heisst es, von Sury d’Aspremont habe dafür gesorgt, dass die Schweizer Gardisten nach Kriegsausbruch 1939 nicht zum Dienst eingezogen wurden.
«Nun gehe ich hier in Rom die gleichen Wege, die er damals gegangen ist und führe unsere Familientradition weiter», erzählt von Sury. «Wir haben ihn in seinem Entscheid immer unterstützt», sagt seine Mutter, die CVP-Landrätin und Reinacher Gemeinderätin Béatrix von Sury. Sie ist stolz, dass sich ihr Sohn in den Dienst der katholischen Kirche stellt. Letzte Woche begann dieser die Rekrutenschule in Rom. Auf dem Programm stehen in den ersten Tagen viel Theorie und erste Exerzier-Übungen. Der Tag beginnt für die künftigen Gardisten um 6.30 Uhr und dauert bis 20 Uhr.
«Ich bin von meiner Zeit im Militär daran gewohnt, streng zu arbeiten», so von Sury. Ausserdem sei es in der Schweizer Garde sogar angenehmer als in der Schweizer Armee. «Wir haben genügend Zeit für uns selbst und die Möglichkeit, mit den Kameraden die Stadt zu besichtigen.» Vor ihm liegen 26 Monate Dienst für den Papst. Die Ausbildung im Personenschutz habe ihn besonders angesprochen, da er lieber aktiv arbeite, als jeden Tag im Büro zu sitzen. «Gleichzeitig lernt man hier viel über die Kirche und hat die Gelegenheit, seinen Glauben zu festigen.»
Ausbildung mit der Polizei
Fridolin Wildhaber weiss genau, was in den nächsten zwei Jahren auf den Rekruten zukommt. Er war 1980 bis 1982 selber Gardist und engagiert sich heute in der Ehemaligenvereinigung der Region Basel. Wildhaber kennt auch den Alltag im Vatikan. «Die Schweizergardisten verdienen im Monat 1525 Euro brutto. Die Krankenkasse wird bezahlt, allerdings müssen sie Militärpflicht-Ersatzzahlungen leisten.» Auch Einkaufsmöglichkeiten gebe es im Vatikan. Dort könne man alles bekommen, ausser Zigaretten. «Die hat der Papst rausgeworfen», sagt Wildhaber.
Die Ausbildung der Gardisten hat sich seit seiner Dienstzeit stark verändert. «Die Rekruten absolvieren heute zusätzlich eine Ausbildung bei der Tessiner Kantonspolizei. Sie lernen dort in vier Wochen, wofür ein Polizist ein ganzes Jahr Zeit hat», erklärt er. Schiessen, Feuerbekämpfung, eine Samariter-Ausbildung, taktisches Verhalten und Kommunikation gehören dazu. Die Zeiten, in denen Gardisten nur zum Uniform-Tragen da waren, seien vorbei. «Die Uniformen mögen alt sein, darunter stecken aber topmodern ausgebildete Männer, die bei Polizeikommandanten aus der ganzen Schweiz beliebt sind», sagt Wildhaber. Viele Gardisten würden nach ihrer Zeit in Rom eine Polizei- oder wie Wildhaber eine Karriere bei der Grenzwache einschlagen.
Der Grund für die intensive Ausbildung liegt unter anderem in der Gardezeit von Fridolin Wildhaber. Am 13. Mai 1981 schoss der türkische Rechtsextremist Mehmet Ali Ağca auf Papst Johannes-Paul II., mitten auf dem Petersplatz. Es seien Gardisten gewesen, die den Attentäter überwältigt und beim Papst die lebensrettenden Massnahmen eingeleitet hatten, erzählt Wildhaber. Trotz dieses prägenden Ereignisses gerät der 59-Jährige oft ins Schwärmen, wenn er von früher erzählt. Von der aussergewöhnlichen Kameradschaft, die bis heute besteht. Oder von spannenden Begegnungen mit Queen Elisabeth oder Mutter Theresa.
Weil Wildhaber seine Zeit in der Schweizer Garde in solch guter Erinnerung hat, ist er auch um die Nachwuchsförderung bemüht. So besuchen die ehemaligen Schweizergardisten zum Beispiel die Berufsmesse in Pratteln. «Die Aufnahmebedingungen zu erfüllen, wird schwieriger. Die Religion ist im Leben vieler nicht mehr so wichtig.» Dazu kommt, dass die beiden Basel im Gegensatz zu Kantonen wie Luzern oder dem Wallis stets nur sehr wenige Gardisten stellen. Aus Basel-Stadt kamen seit 1910 insgesamt 30. Baselbieter Gardisten wurden bereits 1827 registriert, insgesamt waren es bis heute allerdings nur 27. Aktuell stammen neben Mauritz-Aljoscha von Sury zwei weitere Gardisten aus den beiden Basel. Einen Kommandanten mit Bürgerort in beiden Kantonen gab es bis jetzt noch nie.
Dieser Artikel ist in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 18. Januar erschienen. Bild: Pixabay