Endlich legal feiern – Basler Partyveranstalter wehren sich gegen das strenge Bewilligungsverfahren

Drei Partyveranstalter haben genug vom Leben in der Illegalität. Sie outen sich und sind bereit, für bessere Bedingungen härtere Auflagen und grössere Kosten auf sich zu nehmen.

«Schweizer (32) verärgert Deutsche mit Techno-Party». So titelte der «Blick» am Montag, den 11. Juni. Die Hintergründe blieben im Dunkeln – so auch die Identität des «Schweizers». Nun aber haben die Partyveranstalter genug vom «Katz-und-Mausspiel» mit der Polizei. Nach Jahren des Versteckspiels outen sie sich in der «Schweiz am Wochenende». Ihre Namen sind: Bashkim Acifi, Simon M. und Bryan Hanselmann. Ihre Hoffnung ist, ihre Partys künftig nicht mehr verheimlichen zu müssen.

In der Nacht im Juni, die in vielen Zeitungen für grosse Schlagzeilen sorgte, zogen sie von der Langen Erlen in Richtung der deutschen Grenze. Kurz zuvor hatte sie die Schweizer Polizei weggewiesen und Bar, Lautsprecher und DJ-Equipment noch während des Aufbaus eingezogen. Doch von Aufgeben war keine Rede. «Wir haben uns umorientiert und Ersatzmaterial besorgt, schliesslich war die Organisation der Party sehr aufwendig», so die Veranstalter.

Das neue Material transportierten sie mühsam mit Leiterwagen über die Grenze. «Ins Wasserschutzgebiet fahren wir nicht mit dem Auto», erklärt M.. Im deutschen Grenzgebiet, auf dem Gartenschau-Areal, können sie bis nach 4 Uhr morgens feiern, als Zollbeamte die Polizei erneut auf den Plan rufen. Die Veranstalter geben sich sofort zu erkennen und lösen die Party auf. Die Basler suchen keinen Konflikt mit der Polizei. Sie halten ihre Gäste dazu an, zur Natur Sorge zu tragen. Abfall und Zigarettenstummel sammeln sie nach der Party ein.

Rund zwei Monate später: Fast die gleiche Situation spielt sich erneut ab. Diesmal endet die Party noch vor Mitternacht. «Zehn Polizisten haben uns dabei zugeschaut, wie wir unsere Ausrüstung zusammengepackt haben», erzählt Bashkim Acifi. Sie müssen mit einer vierstelligen Busse rechnen, zum ersten Mal in ihrer Zeit als Party-Organisatoren. Die Freiluftpartys ohne Bewilligung laufen nicht so wie im Club. Alles ist ungezwungener, Eintrittspreise gibt es keine, DJs und Helfer arbeiten kostenlos. Gibt es mal einen kleinen Gewinn, wird er in die nächste Party investiert. Die Kommunikation mit den Partygästen läuft über geheime Facebookgruppen und Rund-SMS.

Seit zwei Jahren arbeiten sie zu dritt, sind aber alle seit mindestens sechs Jahren im Geschäft. Die 24-jährigen Hanselmann und M. haben den 32-jährigen Acifi über die Musik kennen gelernt. Alle haben sich im Eventmanagement weiterbilden lassen, organisieren die meisten Partys legal, in grossen Basler Clubs und einigen Baselbieter Gemeinden. Die Freiluftpartys spielen eine untergeordnete Rolle, sind mehr für den Spass mit Freunden und Kollegen gedacht. «Unsere Gäste wollen auch mal abseits vom Mainstream feiern», so Acifi. Noch nie habe es gewalttätige Ausschreitungen gegeben, erklärt er.

Bis in diesem Jahr konnten sie, auch ohne Bewilligung, die meisten ihrer Partys ungestört durchführen: «Die Polizei kam zwar immer vorbei, sie haben aber oft ein Auge zugedrückt und die Party laufen lassen.» Nachdem die letzten beiden Feiern aber abgebrochen wurden, macht sich bei den Baslern Frust breit. «Es kommt oft nur darauf an, wer bei der Polizei gerade das Büro besetzt, ob wir weiterfeiern dürfen», erklären die Veranstalter.

Zürich ermöglicht Jugendpartys

Wer in Basel auf eine Bewilligung für eine Freiluft-Party hofft, muss viele Hürden überwinden. Neben der Anlass- und Lautsprecherbewilligung müssen der Alkoholausschank genehmigt und der Anlass an verschiedenen Stellen angemeldet werden. Acifi, Hanselmann und M. haben es versucht. Der letzte Termin mit der zuständigen Behörde fand vor mehr als einem Jahr statt und führte zu keinem Ergebnis.

«Wir wären bereit, finanziell und zeitlich einen grösseren Aufwand zu betreiben, wenn wir bewilligte Freiluftpartys veranstalten dürften», so M.. Sie fordern nun ein ähnliches Modell, wie es Zürich seit 2011 kennt. An bestimmten öffentlichen Orten gibt es eine Spezialbewilligung für Jugendpartys bis maximal 300 Personen. Diese Feiern dürfen nicht kommerziell sein. So etwas schwebt auch Acifi, M. und Hanselmann vor. «Es wäre doch für die Polizei einfacher, wenn sie genau wüssten, wo was läuft und wer die Ansprechperson ist», fügt Acifi an. In Zürich sind die Veranstalter für Schäden haftbar und tragen die Verantwortung für Sicherheit, Jugendschutz und Abfallentsorgung.

Das Thema gelangte auch in Basel bereits aufs politische Parkett. Im Jahr 2012 verfasste SP-Grossrätin Salome Hofer eine Motion, in der sie eine Jugendbewilligung nach Zürcher Vorbild fordert. Die Antwort des Regierungsrats folgte diesen Februar. Dieser erachtet eine spezielle Jugendbewilligung für unnötig. Einerseits seien die Bewilligungsprozesse bereits stark vereinfacht worden, andererseits sei das Jugend-Angebot in Basel schweizweit einzigartig: Anlässe wie das Imagine-Festival oder der Pärklijam seien zentral gelegen und für Jugendliche günstig. «Darum geht es uns aber nicht», so Acifi. Diese grossen Anlässe mit Sponsoren dahinter seien längst etabliert. «Was wir wollen, sind kleine, nicht-kommerzielle Partys.»

Lösung bis 2022

Weiter schreibt der Regierungsrat, in Basel gebe es aufgrund der dichten Besiedelung keine passenden Veranstaltungsorte. Die Jugendlichen könnten nirgendwo feiern, ohne dass jemand gestört würde. Auch das sehen die Party-Veranstalter anders. «Es gäbe schon Plätze, wo es niemanden stört, wir sprechen ja nicht von drei Meter hohen Musik-Anlagen und 1000 Leuten», so M..

Auch der Grosse Rat war von den Argumenten der Regierung nicht überzeugt. Er wies das Geschäft erneut zur Überarbeitung zurück. Nun hat der Regierungsrat bis 2022 Zeit, einen Vorschlag auszuarbeiten. Von Veranstalterseite hat sich bis anhin niemand auf dem politischen Parkett für einfachere Bewilligungen eingesetzt. «Vielleicht sind wir alle politisch etwas zu faul», so M.. Nun aber hat der Leidensdruck überhandgenommen. Für ein Leben in der Legalität sind die Basler Partyveranstalter bereit, zu kämpfen.

Dieser Artikel ist in der “Schweiz am Wochenende” vom 11.8.2018 erschienen.