An seinem Geburtstag steht Adrian Stern auf der Bühne – um Geld für Flüchtlinge in Syrien zu sammeln. Im Interview erzählt er, wie es dazu gekommen ist.
Adrian Stern feiert seinen 44. Geburtstag heute im Nordportal Baden. Das Benefizkonzert «Schänk e Herzbox» wurde initiiert von SRF-Radiomoderatorin Judith Wernli und Marit Neukomm, die den Verein «Volunteers for Humanity» gegründet hat und 2016 zur Aargauerin des Jahres gewählt wurde. Ziel des Abends ist es, Geld für den Container-Transport von Hilfsgütern nach Syrien zu sammeln.
Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Ihren Geburtstag dieses Jahr im Nordportal feiern?
Adrian Stern: Schon vor zwei Jahren hat mir Judith Wernli von ihrer Idee erzählt, ein Benefizkonzert zu veranstalten. Dann habe ich lange nichts mehr gehört, bis sie mich dann angefragt haben. Zuerst wollte ich absagen, weil ich so viel zu tun habe und auch noch mein Geburtstag ist. Das habe ich dann aber schnell bereut. Ich dachte, wenn ich irgendwie helfen kann und durch mich vielleicht etwas mehr Leute kommen, dann muss ich das unterstützen. Sowieso, mein Geburtstag ist im Vergleich zu dieser Sache total unwichtig.
Wie haben Sie Benefizanlässe wie diesen bisher erlebt?
Man wird als Musiker immer mal wieder gefragt, ob man an so einem Anlass spielen würde. Ich habe das ein paar Mal gemacht, aber auch schon erlebt, dass zwar gute Absichten dahinterstecken, aber wenig Erfahrung. Dann kommen zu wenig Leute und es entstehen mehr Kosten, als dass Geld für die gute Sache eingenommen wird. Am Ende des Tages ist es ein Event mit Infrastruktur, der Werbung braucht und viele Helfer. Ich war auch Judith gegenüber anfangs skeptisch. Sie ist aber keine Anfängerin und weiss, wie man so etwas richtig auf die Beine stellt.WERBUNG
Welche Rolle spielt ehrenamtliches Engagement in Ihrem Leben?
Für mich ist es etwas, was ich sehr wichtig finde. Ich bin darin aber nicht unbedingt ein Vorbild. Ich bin kein Organisier-Typ, sondern einer, der hilft, wenn er gefragt wird. Ich bewundere Menschen, die etwas auf die Beine stellen können. Solche wie ich, die ein paar Lieder haben und den Leuten Freude machen, sind dann einfach ein Puzzleteil im grossen Ganzen. Wenn ich es mir überlege, könnte ich noch viel mehr helfen.
Sehen Sie sich als öffentliche Person in der Verantwortung, für soziale Anliegen einzustehen?
Ja. Wenn man schon in der Position ist, dass einem mehr als zwei, drei Leute zuhören, kann man das auch für etwas Gutes einsetzen. Wie gesagt, bei mir selbst gibt es da aber noch Potenzial. Je älter ich werde, desto mehr habe ich das Bedürfnis, dies auch zu nutzen.
Für welche Anliegen würden Sie sich gerne mehr einsetzen?
Unter anderem das Thema Flüchtlingshilfe und Integration. Es gibt zum Beispiel ein Projekt im Royal Baden, wo Flüchtlinge sich bei Verträgen oder Papierkram beraten lassen können. Das finde ich toll.
«Schänk e Herzbox» bringt Hilfsgüter nach Syrien. Verfolgen Sie, was dort passiert?
Hauptsächlich das, was man von den Medien mitbekommt. Das hinterlässt bei mir ein Gefühl von Ohnmacht und Trauer. Niemand soll so etwas erleben müssen.
Können wir in der Schweiz mehr tun?
Ich glaube schon. Indem man hilft und indem man gewisse Grundwerte in die Welt trägt. Eine Offenheit, eine Haltung gegen Krieg und gegen die Herstellung von Kriegsmaterial. Gerade da ist die Schweiz kein unbeschriebenes Blatt. Es ist absurd, dass wir aus dem Gedanken an das Wirtschaftswachstum zulassen, dass Waffen aus der Schweiz in diese Länder gelangen.
Das ist eine politische Diskussion. Wie stark beschäftigen Sie sich mit der Schweizer Politik?
Auch viel zu wenig. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich eigentlich sehr wenig weiss. Dann habe ich aber Leute erlebt, die zwar viel sagen, aber auch nicht mehr wissen. Mittlerweile dämmert es mir, dass man auch mit seinem Gefühl, mit einer menschlichen Einstellung, schon etwas weiss. Das kann man dann auch hinaustragen, besonders, wenn man sieht, dass irgendwo ein Unrecht geschieht. Ich weiss zwar zu wenig, aber das soll kein Grund sein, einfach nichts zu tun.
Wenn wir bei der Politik sind: Was halten Sie vom Klimastreik?
Das ist etwas, das ich zu 100 Prozent unterstütze. Ich finde es toll, dass sich in der jüngeren Generation so eine Solidarität ergeben hat. Auch dank den sozialen Medien, die hier endlich einmal etwas Positives bewirken. Die Politiker müssen jetzt zuhören, sonst verlieren sie ihren Ruf. Das gefällt mir irgendwie. Ich hoffe, dass es weitergeht und auch zu einem Umdenken führt.
Von der Politik jetzt zur Musik: Auf Ihrer Website steht, dass Sie an neuen Songs arbeiten – wie läuft es?
Im Moment bin ich auf der Suche. Ich mache jede Woche ein Cover des Nr.-1-Hits der Schweizer Charts. Das mache ich aus Freude an der Musik, und um ein wenig Öffentlichkeitsarbeit zu machen, ohne dass es direkt um mich geht. Ich hoffe auch, dass ich dadurch auch die richtigen Worte finde für meine neuen Lieder. Je mehr Songs ich schon geschrieben habe, desto schwieriger wird das. Manchmal frage ich mich, warum ich mir so viele Gedanken mache und nicht einfach loslege. Es ist eine verzwickte Sache, gerade wenn man viel Musik gemacht hat, viel kennt und viel hört.
Zusammengefasst, Sie befinden sich in der Kreativphase.
Genau, kreativ mit wenig Output.
Sie haben jetzt schon zweimal «Shallow» von Lady Gaga und Bradley Cooper gecovert. Hoffen Sie, dass der Song bald abgelöst wird?
Eigentlich ist es mir egal. Wenn Shallow nochmals auf Platz 1 ist, würde ich langsam abstraktere Versionen daraus machen. Ich finde es ziemlich cool, dass das nicht in meiner Macht liegt.
Können Sie jeden Song covern?
Ich würde sagen ja. Ich habe da keine Furcht. Sicher gibt es Songs, die sich mir nicht so schnell erschliessen. Bei amerikanisch geprägten Popsongs habe ich die Angst verloren. Das kommt aus meinem Gärtchen, wo ich jedes Pflänzchen kenne.
Und wenn es ein Rap wäre?
Aktuelle Rapsongs sind verglichen mit früher viel komplexer. Da komme ich irgendwann an mein Limit, aber es interessiert mich. Es darf also auch mal ein Drake-Song sein. Je weniger Singer-Songwriter, desto spannender. «Shallow» kann ich einfach spielen. Etwas, das mir weniger nah ist, muss ich zuerst in meine Welt übersetzen.
Dieses Interview ist in der Aargauer Zeitung vom 22. März 2019 erschienen. Bild: zvg