Abt Peter plaudert aus dem Nähkästchen: “Mir gefallen die deutschen Romantiker”

Abt Peter plaudert aus dem Nähkästchen: “Mir gefallen die deutschen Romantiker”

Peter von Sury (68) steht als Abt dem Benediktinerkloster Mariastein vor. Er plaudert aus dem Nähkästchen; über Weihnachten, Ski-Unfälle und die deutschen Romantiker.

Abt Peter, worüber sprechen wir heute?

Peter von Sury: Über Weihnachten. Das ist nicht gerade fantasievoll in dieser Zeit.

Das mag sein. Trotzdem: Wie sehen bei Ihnen im Kloster die Weihnachtstage aus?

Diese Tage sind natürlich stark geprägt von kirchlichen Anlässen. Die Tagesabläufe sind aber mit den Gebetszeiten gleich strukturiert wie das ganze Jahr hindurch. Insgesamt kann das schon anstrengend werden.

Was macht es anstrengend?

Nach der Mitternachtsmesse muss ich am Weihnachtstag auch wieder um sechs Uhr aufstehen fürs Morgengebet um halb sieben, dann geht’s um halb zehn Uhr weiter mit einem grossen Gottesdienst. Das ist auch körperlich ziemlich anstrengend. Auf der anderen Seite ist es aber auch nach über 40 Jahren noch schön. Ich verändere mich jedes Jahr, die Texte, die Musik und die Lieder bleiben gleich.

Was bedeuten Symbole wie Weihnachtsbäume, Adventskränze und Kerzen für Sie?

Für mich persönlich steht das nicht im Vordergrund. Besonders die ganze Lichtsymbolik hat an Bedeutungskraft verloren, da wir heute sowieso alles 24 Stunden lang beleuchten. Christbäume und Krippen haben wir im Kloster mehrere. Besonders gefällt mir aber eine Krippe, die ich geschenkt bekommen habe: Ein kleiner Kürbis, den man öffnen kann. In einer Hälfte ist die Krippe, in der anderen die Hirten.

Bleibt an Weihnachten auch noch Zeit für die Klostergemeinschaft?

Diese Zeit nimmt stark in Anspruch. Deshalb nehmen wir auch nur sehr beschränkt Gäste auf. Drei bis vier Tage ist dann gar niemand hier.

Gibt es eine klassische Weihnachtsfeier unter den Mönchen?

Ja, das gibt es. Wir feiern aber in einem sehr kleinen, bescheidenen Rahmen und kennen auch keine Bescherung. An Heiligabend kündigen wir die Geburt von Jesus an, ganz feierlich. Wir beginnen bei der Schöpfung, gehen über Adam und Eva bis hin zu Kaiser Augustus und zur Geburt von Jesus. An der internen Weihnachtsfeier erzählt jemand eine Weihnachtsgeschichte. Dann gibt es Musik und besinnliche Gedanken, zum Schluss singen wir «Stille Nacht».

In einem Interview vor zwei Jahren sagten Sie, dass Sie nach Weihnachten als Jugendlicher auf die Skipiste flüchteten – was hat es damit auf sich?

Ja, das stimmt. In dem Alter hat es mir gereicht, wenn ich den Heiligabend mit der Familie verbracht habe und dann am Weihnachtstag in der Kirche war.

Wann waren Sie das letzte Mal Skifahren?

Da muss ich gut überlegen. Das muss Ende der 80er-Jahre gewesen sein, als ich zwei Wochen in Davos in den Ferien war. Meine Skiausrüstung war 20 Jahre alt und ich habe mich überhaupt nicht mehr zurechtgefunden. Ich habe es dann noch mit Langlauf probiert, da bin ich aber gestürzt und habe mir Prellungen zugezogen. Am Schluss bin ich auf der Schlittschuhbahn gelandet. Ich habe das Skifahren seither nie vermisst.

Gibt es im Kloster-Alltag die Möglichkeit für sportliche Betätigung?

Sport würde ich nicht sagen, wir haben hier keinen Mitbruder, der wirklich Sport treibt. Als ich noch Pfarrer war, war ich oft mit dem Velo unterwegs, heute nicht mehr, was ich schade finde. Bewegung und frische Luft, das ist für mich wichtig. Und die Sterne.

Die Sterne?

In der Nacht, wenn ich nicht mehr schlafen kann, schaue ich in die Sterne. Wir haben hier hinter dem Kloster keine künstlichen Lichtquellen. Besonders der Winter-Sternenhimmel ist grossartig. Die drei Könige haben auch in die Sterne geschaut, auch Abraham. Das ist faszinierend.

Kommen Sie auch mal dazu, ein Buch zu lesen?

Ich habe erst kürzlich wieder angefangen. Wir haben eine Zeitschrift, in der wir Buch-Rezensionen veröffentlichen. Im Moment lese ich ein Buch des Soziologen Ueli Mäder über das Jahr 1968 («68 – was bleibt?»). Ich habe viele Erinnerungen an diese Zeit, damals war ich 18 Jahre alt.

Gibt es auch Romane in ihrem Bücherregal?

Ja, zum Beispiel den Entwicklungsroman «Nachsommer» von Adalbert Stifter. Etwa die Hälfte habe ich gelesen, jetzt brauche ich eine Pause.

Sie sind selbst auch schriftstellerisch veranlagt…

Journalistik war ein mögliches Berufsfeld, das für mich während dem Studium infrage kam. Das war auch der Grund, weshalb ich damals von Jus auf Geschichte gewechselt habe. Ich habe mich im Jus-Studium nicht wohlgefühlt. Jetzt schreibe ich für unsere Zeitschrift und fürs Pfarrblatt.

Haben Sie sich nie überlegt, ein Buch zu schreiben?

Dafür fehlt mir wahrscheinlich die Selbstdisziplin. Ich bewundere jeden, der ein Buch schreiben kann.

Welches ist Ihr Lieblingsbuch?

Eines der wenigen Bücher, das ich ins Kloster mitgenommen habe heisst «Deutsche Lyriker». Mir gefallen die Romantiker des 19. Jahrhunderts. Eichendorff, Mörike, aber auch C. F. Meyer, Gottfried Keller und Rilke. Wenn ich mich für zwei Bücher entscheiden müsste, wären es die Bibel und die deutschen Lyriker.

Auch wenn Sie es langweilig finden, möchte ich nochmals auf das Thema Weihnachten zu sprechen kommen.

Ich freue mich schon auf Weihnachten. Ich habe mich weitgehend losgelöst von der Erwartung, dass der Advent eine Zeit der Besinnung sein muss. Ich bin froh, wenn ich noch die eine oder andere Weihnachtspost schreiben kann und etwas Zeit habe, in der Bibel zu lesen.

Im vergangenen Jahr haben Sie sich in einem TV-Beitrag Briefe zu Weihnachten gewünscht. Ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen?

Ja, das war schön. Ich habe ungefähr 30 Reaktionen bekommen, zum Teil sehr ausführlich und schön geschrieben. Ich habe dann auch allen persönlich geantwortet.

Was wünschen Sie sich dieses Jahr?

Ich hoffe, dass in den drei Tagen nach Weihnachten nicht zu viel los ist. Und ich habe jemanden am 27. Dezember zu uns zum Mittagessen eingeladen. Ich wünsche mir sehr, dass diese Person Zeit hat.

Dieses Interview ist in der Schweiz am Wochenende vom 22. Dezember 2018 erschienen. Bild: Juri Junkov.