«Abfall sammeln bringt nichts» – so kämpft ein 81-Jähriger für Flüchtlinge

«Abfall sammeln bringt nichts» – so kämpft ein 81-Jähriger für Flüchtlinge

Die Integration von Flüchtlingen kann nur dann funktionieren, wenn sie einer sinnvollen Arbeit nachgehen können. Weil ihm die Entwicklung der Arbeitsintegration zu wenig schnell geht, hat der ehemalige SP-Nationalrat Theo Meyer nun selbst die Initiative ergriffen.

«Jemand aus einem Entwicklungsland, der zwei oder drei Jahre lang nicht arbeiten durfte, kann nicht von einem auf den anderen Tag voll in den Arbeitsmarkt integriert werden.» Das ist für Theo Meyer eine Tatsache, die er immer wieder betont.

Auch deshalb hat der ehemalige SP-Nationalrat 2016 einen Verein gegründet, der dafür sorgen will, dass Flüchtlinge schon früh in den Arbeitsmarkt eingegliedert und dabei in die Gesellschaft integriert werden. Denn auf der Strasse Abfall sammeln, das trägt seiner Meinung nach überhaupt nichts zur Integration bei.

Nicht alle Versuche haben Erfolg

Am 11. November 2016 verschickte der heute 81-Jährige einen ersten Brief an mögliche Arbeitgeber in Muttenz: Kirchgemeinden, die Bürgergemeinde, Mittagstische oder den Robinson-Spielplatz. Asylsuchende mit einem Ausweis der Kategorie N dürfen nur dort arbeiten, wo sie keinem Schweizer die Arbeit wegnehmen.

Der Verein «z’RächtCho» vermittelt dabei die passenden Personen an die freien Stellen, begleitet ihre Entwicklung und steht beiden Seiten als Ansprechpartner bei Problemen zur Verfügung. «Wir garantieren keine Pannenfreiheit, aber wir tun alles, damit es ein Erfolg wird», schloss Meyer seinen Brief. Pannenfrei lief es dann tatsächlich nicht ab. Einige Asylbewerber verloren schnell die Motivation, beklagten sich über die schlechte Entschädigung oder tauchten einfach nicht mehr zur Arbeit auf.

Meyer findet das schade, will sich aber auf die positiven Fälle konzentrieren. Trotzdem meint er: «Wer sich über Jahre hinweg weigert, sich zu integrieren und um Arbeit zu bemühen, sollte auch die Konsequenzen zu spüren bekommen.»

35 Personen Arbeit vermittelt

Insgesamt war der Verein bis jetzt erfolgreich. Für 35 Personen konnte er einen oder mehrere Arbeitseinsätze vermitteln, sechs haben eine feste Stelle erhalten. «Als Maler, als Zimmermann-Lehrling oder als Apothekengehilfe», zählt Meyer auf. Weitere seien kurz davor, eine definitive Anstellung zu bekommen.

Das langfristige Ziel der Vereinsarbeit sei in erster Linie, Lehrstellen oder Vorlehren zu vermitteln, so Meyer. Vorher will man jedoch mit den kurzen Teilzeiteinsätzen und Schnupperlehren herausfinden, wie es um die Talente und den Arbeitswillen der Person steht. Eine gute Arbeits- und Sozialintegration, findet Meyer, habe positive Effekte auf die Wirtschaft und den Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Theo Meyer ist von seinem System überzeugt, hat jedoch immer wieder über die Gemeindegrenzen hinausgeschaut. So sprach ihn ein Tandem-System aus Frenkendorf an, das Flüchtlinge und einheimische in Zweierteams verbindet.

Meyer sah das Potenzial für Synergien. Da er bereits freie Arbeitsstellen in Muttenz an Flüchtlinge aus Dornach und dem Schwarzbubenland vermitteln konnte, entstand die Idee einer überregionalen Dachorganisation von freiwilligen Helfern. So sollen die Organisationen aus verschiedenen Gemeinden voneinander profitieren, besonders im Bereich der Arbeitsintegration. «Hier hat der Verein ‹z’RächtCho› eine Vorreiterrolle», so Meyer. Auch das kantonale Sozialamt begrüsste die Idee einer Organisation, die über die Gemeindegrenzen hinausgeht.

120’000 Franken vom Lotteriefonds

Gemeinsam mit zwei Projektleiterinnen rief Meyer den Dachverband «z’RächtCho Nordwestschweiz» ins Leben, den er ebenfalls präsidiert. Der Verband will sich in erster Linie um die Arbeitsintegration kümmern, von der ersten Abklärung der Berufswünsche bis zur Betreuung während der Lehre.

Ende November 2018 kam die Zusage für 120’000 Franken Anschub-Finanzierung vom Lotteriefonds. In der Startphase können damit zwei Teilzeitstellen finanziert werden. Der Verband gibt sich zwei Jahre Zeit, um zu wachsen und Organisationen aus den beiden Basel, dem Fricktal und dem Schwarzbubenland ins Boot zu holen.

Bis dann hofft Meyer, dass genügend lokale Gruppen dem Verband beitreten, dass dieser sich aus den dafür vorgesehenen Bundesgeldern finanzieren kann. Nach Ablauf dieser Zeit will sich Meyer aus dem Vorstand zurückziehen, er sei schliesslich nicht mehr der Jüngste.

Dieser Artikel ist in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 10. Januar 2019 erschienen. Bild: Nicole Nars-Zimmer.